Zweimal auftanken, bitte!
Weihnachten steht vor der Tür und damit auch die Zeit zum Ausspannen. «Ausspannen» bedeutet, die Zugtiere vom gezogenen Fahrzeug zu trennen. Im übertragenen Sinn bedeutet es aber auch, sich eine Zeit der Ruhe zu gönnen und aufzutanken. Dabei stelle ich fest, dass es zumindest für mich zwei grundlegend unterschiedliche Formen von Ausspannen gibt. Wie bei einem Schaumbad gibt es die Varianten «entspannend» oder «anregend».
Wenn der Geist zur Ruhe kommt
Entspannung bedeutet für mich, dass mein Geist zur Ruhe kommt: zum Beispiel indem ich in die Sauna gehe, spiele, singe oder segle. Andere machen dieselbe Erfahrung, wenn sie Yoga machen oder tanzen. In der Regel gibt es dabei wenig Raum zum Nachdenken. In solchen Momenten lebe ich im Hier und Jetzt, meine Gedanken kommen zur Ruhe. Gleichzeitig gewinne ich Abstand von allem, was mich beschäftigt.
Im Fachjargon würde man sagen, dass nun der Parasympatikus aktiviert ist. Das ist derjenige Teil des vegetativen Nervensystems, der jene Körperfunktionen steuert, die der Regeneration des Organismus und dem Aufbau von Energiereserven dienen. Interessant ist, dass die Aktivierung des Parasympathikus stark von der Persönlichkeit abhängt. Die einen brauchen Ruhe zum Abschalten und liegen deshalb am liebsten zwei Wochen im Liegestuhl. Andere erholen sich erst, wenn sie in Bewegung sind. Zu viel Ruhe macht sie nur nervös. Sie brauchen überschaubare Aktivitäten, wie zum Beispiel Gartenarbeit oder ein Spiel.
Geistige Nahrung
Bei den anregenden Formen von Ausspannen steht zwar auch die Regeneration im Vordergrund, gleichzeitig erhält mein Geist aber neue Nahrung. Er wird inspiriert, die Gedanken beginnen zu fliessen und neue Ideen entstehen. Inspirierend sind für mich sportliche Aktivitäten, weil dann nicht nur der Körper, sondern auch der Geist in Bewegung kommt. Inspirierend ist für mich aber auch der Besuch von Museen, eine gute Predigt am Sonntag oder das Zusammenkommen mit Menschen, die einen völlig anderen Hintergrund haben als ich.
So habe ich im Sommer die Jahrestagung der Gemeinnützigen Gesellschaft der Schweiz besucht. Dort tummeln sich überproportional viele Soziologen, eine Spezies, die mir weitgehend fremd ist. Zum einen kleidungsmässig (Birkenstock und Wollpullover), zum andern aber auch von den Fragestellungen her, mit denen sie sich beschäftigen. Die Frage, welchen Einfluss die Pluralisierung der Gesellschaft auf Gemeinnützigkeit hat, hat in meinem Arbeitsalltag wenig Relevanz. Trotzdem hat mich das Referat darüber zu neuen Ideen inspiriert und meinen Horizont erweitert. Ich bin energiegeladen wieder heimgefahren.
Zwei Tipps zum Schluss
Ich wünsche Ihnen, dass Sie zwischen Weihnachten und Neujahr tatsächlich ausspannen können, egal ob in beruhigender oder anregender Form. Zwei Tipps zum Schluss:
- Jeder Mensch ist anders: Machen Sie das, was Ihnen Freude bereitet. Ob es das Herumbasteln an einem Motorrad oder das Verfassen von Gedichten ist, tun Sie das, was Spass macht. Ganz egal, was andere davon denken mögen oder was gerade im Trend liegt.
- Setzen Sie sich nicht unter Druck. Wenn «Entspannung» nur ein weiterer Punkt auf Ihrer To-Do-Liste ist, sind Sie auf dem Holzweg. In diesem Fall empfehle ich Ihnen das Buch «Die Mañana-Kompetenz» von Gunter Frank und Maja Storch. Dort wird eindrücklich erklärt, warum noch mehr Effektivität im Umgang mit unserer Zeit manchmal genau das Gegenteil von dem bewirkt, was man erreichen möchte; und wie man zu einem Leben kommt, in dem Anspannung und Erholung in einer gesunden Balance sind.
In diesem Sinn wünsche Ihnen frohe Weihnachten, Zeit zur Musse und ein glückliches neues Jahr.
Herzlich Barbara Grass – mit Klarheit vorwärts.
Meine Inspirationsquellen für diesen Blog
Gunter Frank und Maja Storch: Die Mañana-Kompetenz, 2010: Verlag Piper
Todd Henry: Everyday Brilliance: Productivity For Creative Pros, Kurs bei Udemy
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