Unternehmensphasen aktiv gestalten

Agi­li­tät und Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on sind zur­zeit ak­tu­el­le Schlag­wor­te im Be­reich Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung. Ich fin­de die da­mit ver­bun­de­nen Grund­hal­tun­gen und Kon­zep­te äus­serst span­nend, kom­me je­doch im­mer mehr zum Schluss, dass man die­se im­mer in Zu­sam­men­hang mit der je­wei­li­gen Un­ter­neh­mens­pha­se ein­set­zen muss. Ähn­lich wie Men­schen durch­läuft ein Un­ter­neh­men ver­schie­de­ne Pha­sen der Rei­fung. Fried­rich Glasl, eine Ko­ry­phäe im Be­reich Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung hat die­se Ent­wick­lungs­pha­sen for­mu­liert.[1]

We are family

Ein neu ge­grün­de­tes Un­ter­neh­men be­fin­det sich in der Re­gel in der Pionierphase. Das gan­ze Un­ter­neh­men wird von der Grün­de­rin oder dem Grün­der ge­prägt. Die­se le­ben ihre Vi­si­on vor und die Mit­ar­bei­ten­den un­ter­stüt­zen mit Herz­blut und gros­sem En­ga­ge­ment bei der Rea­li­sie­rung. Die Be­zie­hun­gen un­ter den Mit­ar­bei­ten­den, aber auch zu den Kun­den sind fa­mi­li­är. Es wird kaum ge­plant, son­dern meis­tens im­pro­vi­siert. Da­durch ist das Un­ter­neh­men fle­xi­bel und ef­fi­zi­ent.
Wächst das Un­ter­neh­men, wer­den Im­pro­vi­sa­ti­on und Spon­ta­ni­tät al­ler­dings zum Hin­der­nis. In­trans­pa­renz, Will­kür und Know-how, das ein­zig und al­lein in den Köp­fen der Mit­ar­bei­ten­den steckt, för­dern Kon­flik­te und Macht­kämp­fe. Das Un­ter­neh­men ist in der über­rei­fen Pio­nier­pha­se.

Beherrschbarer Apparat

Da­mit wird die zwei­te Pha­se ein­ge­läu­tet: die Differenzierungsphase. Das Un­ter­neh­men wird struk­tu­riert, Auf­ga­ben, Kom­pe­ten­zen und Ver­ant­wort­lich­kei­ten de­fi­niert und den ver­schie­de­nen Ab­tei­lun­gen zu­ge­ord­net. In die­ser Ent­wick­lungs­pha­se wan­delt sich das Un­ter­neh­men von der gros­sen Fa­mi­lie zu ei­nem ra­tio­na­len Kon­strukt.
In der Rea­li­tät ist der Über­gang von der Pio­nier- in die Dif­fe­ren­zie­rungs­pha­se häu­fig schmerz­lich. Auch wenn vie­len ein­leuch­tet, dass mit ein­heit­li­chen Pro­zes­sen und Struk­tu­ren Miss­ver­ständ­nis­se und Kon­flik­te re­du­ziert wer­den, fehlt vor al­lem den lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ten­den der di­rek­te Zu­gang zur obers­ten Füh­rungs­ebe­ne und die für klei­ne Un­ter­neh­men ty­pi­sche Nähe und Über­schau­bar­keit.
Im Ver­lauf der wei­te­ren Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung wer­den dann auch hier die Vor­tei­le zu Be­ginn der Pha­se zum Hin­der­nis. Die Or­ga­ni­sa­ti­on wird bü­ro­kra­tisch und starr, Ent­schei­de müs­sen x Hier­ar­chie­stu­fen über­win­den, das Un­ter­neh­men be­fin­det sich in der über­rei­fen Dif­fe­ren­zie­rungs­pha­se.

Das grosse Ganze im Fokus

In der anschliessenden Integrationsphase wird die Organisation in kleinere, überschaubare Einheiten gegliedert. Diese sind für ganzheitliche Aufgaben zuständig und planen, organisieren und kontrollieren weitgehend selbständig. Zentrale Stabsstellen stehen ihnen dabei unterstützend zur Seite. Das Bindende ist nicht mehr der Koordinationsmechanismus, sondern die gemeinsame Ausrichtung der Führungskräfte auf Sinn und Zweck der Unternehmung. Deshalb ist sind Klärung der (langfristigen) Ziele, der Unternehmenspolitik und der Strategie im Fokus. Es werden Situationen geschaffen, in denen Menschen und Gruppen selbstständig und intelligent im Sinne des grösseren Ganzen handeln können.

Alles hängt mit allem zusammen

Ent­wi­ckelt sich das Un­ter­neh­men wei­ter, tritt es in die Assoziationsphase und be­ginnt, so­wohl Lie­fe­ran­ten als auch Ver­triebs­part­ner und End­ver­brau­cher sys­te­ma­tisch in die Pro­zess­ge­stal­tung mit­ein­zu­be­zie­hen. Zwar blei­ben die Un­ter­neh­men als sol­che un­ab­hän­gig, aber es wer­den lang­jäh­ri­ge Ver­trau­ens­be­zie­hun­gen auf­ge­baut, die dazu füh­ren, dass Pro­duk­te und Ver­fah­ren ge­mein­sam wei­ter­ent­wi­ckelt und Pro­ble­me ge­mein­schaft­lich ge­löst wer­den. Alle pro­fi­tie­ren von den da­durch er­ziel­ten wirt­schaft­li­chen Vor­tei­le. Die Pro­zess­ver­ant­wor­tung wird weit über die Un­ter­neh­mens­gren­zen hin­aus ver­stan­den und geht vom Roh­stoff bis hin zur Ent­sor­gung.

Klarheit für Ihre Unternehmung

Die­ses Wis­sen um die Un­ter­neh­mens­pha­sen ist grund­le­gend, um Ihr Un­ter­neh­men ak­tiv zu ge­stal­ten.
Dass ak­tu­ell viel über Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und Agi­li­tät ge­schrie­ben wird, hängt auch da­mit zu­sam­men, dass vie­le grös­se­re Kon­zer­ne in der über­rei­fen Dif­fe­ren­zie­rungs­pha­se sind. Vie­le KMUs hin­ge­gen be­fin­den sich nach mei­ner Pra­xis­er­fah­rung im Über­gang von Pio­nier- zur Dif­fe­ren­zie­rungs­pha­se.

Ganz unabhängig davon, in welcher Phase sich Ihr Unternehmen befindet. Es lohnt sich Klarheit zu haben, wo Sie gerade stehen und die Zukunft aktiv in Angriff zu nehmen.

Quel­len:

[1] Vgl. im fol­gen­den Glasl F, Kal­cher, T. Pi­ber H. (2014): Pro­fes­sio­nel­le Pro­zess­be­ra­tung. Das Tri­gon Mo­dell der sie­ben OE-Ba­sis­pro­zes­se, 3. über­ar­bei­te­te und er­gänz­te Auf­la­ge, Bern: Haupt Ver­lag

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